Musik-Kritik, einfach gemacht

Da fällt mir doch gerade beim Stöbern im iTunes auf, dass es heutzutage wohl einfach ist, ein komplettes Pop-Album zu rezensieren. Während ein Kritiker sich früher mit Skip und Fast Forward durch ein evtl. zu verreißendes Album quälen musste, kann er heute auf die vorkonfektionierten Sound-Schnipsel (Hörproben) der Musik-Stores zurückgreifen. Es gibt zwar keine Garantie, dass die dort ausgewählten 30 Sekunden tatsächlich die Essenz eines Songs wiedergeben – aber machen wir uns mal nichts vor, bei den meisten 3:30 Radio-Edits passieren keine revolutionären Tonart-, Rhythmus- oder Genre-Wechsel.

Damit könnte man zum Beispiel Album Temptation der Popstars Monrose nur anhand der iTunes-Hörproben wie folgt abhandeln:

  1. “Shame”, der Power-Pop-Song, mit dem sich Bahar in die Herzen der Zuschauer gesungen hat. 
  2. “Even Heaven Cries”, eine Standard-R&B-Ballade, die im Formatradio nicht unangenehm auffallen wird.
  3. “Oh La la”, ein wenig glaubwürdiger Versuch, Fergie (von den Black Eyed Peas) nachzumachen.
  4. “No”, ein Versuch, die „drei Engel“ mit einem Beyonce/Destiny’s Child-Sound auszustatten
  5. “I’m Gonna Freak Ya” – um auf Douglas Adams zurückzugreifen: „größtenteils harmlos“
  6. “Love Don’t Come Easy” eine Ballade für Weihnachten, kuschel, kuschel, mit klimpernden Schneekristallen
  7. “2 of a Kind” (Ups, hier versagt die „Schnipsel-Methode“, die Hörprobe geht von Refrain zu Strophe über und da ändert sich so einiges, aber wir ordnen das hier mal bei „Disco“ ein.)
  8. “Your Love is Right Over Me” Klimper-Klavier-Ballade, nichts aufregendes.
  9. “Work It”, das ist wohl von den „No Angels“ liegen geblieben
  10. “Do That Dance”, das ist Christina Aguilera, aber bevor sie ihren eigenen Stil gefunden hat.
  11. “Live Life Get By” Geigen-Ballade, mit Opern-Schmelz im Hintergrund, vermeidbar.
  12. “Push Up On Me”, noch mehr R&B in Richtung Destiny’s Child

So, ich würde ja fast wetten, dass ich im Internet keine viel ausführlichere Albumkritik finden werde, vor allem, wenn ich verhinderter Plattenkritiker hier noch ein Summa Summarum dazutexte:

Insgesamt zeigt sich am Stilmix dieses Albums, dass die Macher hinter Monrose keine zwingende Idee haben, wo sie mit den Mädels hinwollen. Natürlich könnte man Monrose zu Destiny’s Child 2 machen, es ginge aber auch Sugababes oder was in der Tradition von Abba.

Dankbar kann man für die Entscheidung sein, die Mädels englisch singen zu lassen. Bei der ganzen Deutsch-Pop-Inflation der letzten Zeit, bei der „Reim dich oder ich fress dich“ die Leitlinie der Songschreiber zu sein scheint, ist es entspannend, die Tiefe oder Flachheit eines Textes nicht ganz so genau mitzukriegen!

Monrose wird seine Fans finden, ja hat sie durch die Popstars!-Show schon gefunden. Jetzt sollen die drei Mädels noch ihren eigenen Stil finden (dürfen), dann kann Monrose an den Erfolg der Angels anknüpfen!


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