Kategorie: musik

  • Leonard Cohen

    Leonard Cohen

    Web of Ideas

    Es gibt Werke, seien es Bücher oder Musikalben oder Fernsehserien, die entwickeln sich zum Zentrum eines Spinnennetzes oder zum Portal, weisen den Weg zu einer Vielzahl interessanter Dinge. Beispiele für solche Portale sind bei mir die Musik von Peter Gabriel und die Roman-Trilogie Illuminatus! (bitte nicht mit Dan Brown’s "Illuminati" verwechseln).

    © Jens Rusch (CC-by-sa/3.0)

    Peter Gabriel öffnete mir die Ohren für die Weltmusik, vor allem die afrikanische. Illuminatus! berührt so viele Themen, von den Vätern der Psychoanalyse (Jung, Freud) über Lovecraft zu Verschwörungstheorien, Zahlenmystik, etc. und vor allem dass man so (einen Bockmist/Wahnsinn/genialen Bullshit – wählen Sie selbst) schreiben kann!

    Und auch wenn ich Lovecraft selbst bisher ausgelassen habe, gehe ich natürlich mit anderen Augen auf Bücher wie Matt Ruff’s Lovecraft Country zu. Wobei ich heute endlich Colson Whitehead’s The Underground Railroad fertig gelesen habe, hat ja nur drei Jahre gebraucht. Underground Railroad wie Lovecraft Country haben als Schnittmenge, wie die Zeit der Sklaverei die fabric der USA durchtränkt hat, ein Thema, das in Illuminatus! natürlich auch gestreift wird. Das meine ich mit Spinnennetz oder Portal.

    Leonard Cohen, Sharon Robinson, Jennifer Warnes

    Und nun bin ich ja als letzter Mensch auf Erden (circa) Kunde bei Spotify geworden (inzwischen weiter zu Apple Music) und habe dort Sharon Robinson entdeckt. Fand das Lied Everybody Knows genial, vor allem diese Zeilen:

    Everybody knows that you love me baby
    Everybody knows that you really do
    Everybody knows that you’ve been faithful
    Oh, give or take a night or two
    Everybody knows you’ve been discreet
    But there were so many people you just had to meet
    Without your clothes
    Everybody knows

    *Everybody Knows* ©Leonard Cohen & Sharon Robinson

    Was mir so ziemlich die nachsichtigste Art erscheint, über den ein oder anderen Seitensprung zu schreiben. Gleichwie, ich suchte dann die Lyrics und fand erstaunt, dass das ein Leonard Cohen-Song ist. Also von ihm und Sharon. Und von da ging’s in das rabbit hole, ich erinnerte mich, dass ich schon seit früher Jugend den Song First we take Manhattan faszinierend fand. Es muss Jennifer Warnes‘ Version gewesen sein, denn die vielen bestimmt präsentere Joe Cocker-Interpretation kam erst 1999 heraus. (Überhaupt, Joe. Joe ist bestimmt das Zentrum seines eigenen Spinnennetzes, wenn man mal anfängt zu schauen, wen er alles covert.)

    Jennifer Warnes – die andere Langzeit-Mitarbeiterin von Leonard Cohen. Die hatte den Song als erste auf Famouts Blue Raincoat, noch bevor Leonard Cohen selbst ihn rausbrachte. Und Jennifer Warnes hatte ich vorher schon auf dem Radar gehabt wegen ihres Covers von Whole of the Moon. Von dem Song wiederum hatte ich zuerst das Cover von Boyzone (Nein, nicht mein üblicher Beritt) gehört, das aus einem ganz anderen Zusammenhang auf meine Playlist gekippt wurde.

    Sharon Robinson und Jennifer Warnes also, zwei Frauen, die große Teile ihres künstlerischen Schaffens dem Ausnahmelyriker Leonard Cohen gewidmet haben. Ich wollte sie zuerst Musen nennen, aber das ist zu passiv, denn beide haben zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich stark an seinem Werk mitgewirkt. Waren nicht nur da, Zierde, sondern haben als künstlerische Sparringspartner Cohen’s Stücke in ihrem Entstehungsprozess begleitet. Und "nebenher" selbst Musik gemacht, von der sich mehr und mehr herausstellt, dass ich sie mag.

    Mrs. Robinson und Mrs. Warnes haben natürlich über ihre Zusammenarbeit mit Mr. Cohen berichtet, mir sind heute Abend zwei Interviews über den Weg gelaufen, die ich hier verlinken möchte:

    But in 2007, we were working on some material that wound up on Old Ideas. He came over to me one day and said, “Sharon, I think I’m going to have to go on tour. My bank accounts are empty. I went to the ATM and I couldn’t get any money out.”

    Sharon Robinson Reflects on Touring With Leonard Cohen

    Muss man sich mal vorstellen, Leonard Cohen, der nun wirklich keinen Rock Star-Lebensstil führte, geht zum Geldautomat und kriegt kein Geld mehr. Geht mit 74 Jahren nochmal auf Tour, erst kleine Häuser, dann Hallen, dann Stadien.

    So I sang those a cappella and they said, “Get your passport.” It was during that time that I fell in love with him and realized that the line of women was longer than I could deal with. I made a decision to become an artistic friend, a creative friend, rather than a romantic friend because there was no way I could be his only girl.

    ‘Born to be his conduit’: Jennifer Warnes remembers her friend and collaborator Leonard Cohen

    Ich fühle tiefen Respekt für Mrs. Warnes.

    So ist es mit den rabbit holes

    Man fängt irgendwo an, tiefer zu graben, und wenn man das oft genug gemacht hat, stößt man tief unten auf Verbindungsgänge zwischen den einzelnen Schächten, die man gebuddelt hat. Oder, um es mit Illuminatus! zu sagen, alles hängt mit allem zusammen.

    Und sure enough gibt es natürlich auch den ein oder anderen Faden im Spinnennetz, der Leonard Cohen und Peter Gabriel verbindet. Mr. Gabriel war bis ca. 2011 sehr sparsam mit Cover-Versionen von anderer Leute Liedern, aber Suzanne hat er 1995 für das Album Tower of Songs aufgenommen.

    In diesem Sinne, keep diggin‘ 🙂

  • Musik-Kritik, einfach gemacht

    Da fällt mir doch gerade beim Stöbern im iTunes auf, dass es heutzutage wohl einfach ist, ein komplettes Pop-Album zu rezensieren. Während ein Kritiker sich früher mit Skip und Fast Forward durch ein evtl. zu verreißendes Album quälen musste, kann er heute auf die vorkonfektionierten Sound-Schnipsel (Hörproben) der Musik-Stores zurückgreifen. Es gibt zwar keine Garantie, dass die dort ausgewählten 30 Sekunden tatsächlich die Essenz eines Songs wiedergeben – aber machen wir uns mal nichts vor, bei den meisten 3:30 Radio-Edits passieren keine revolutionären Tonart-, Rhythmus- oder Genre-Wechsel.

    Damit könnte man zum Beispiel Album Temptation der Popstars Monrose nur anhand der iTunes-Hörproben wie folgt abhandeln:

    1. “Shame”, der Power-Pop-Song, mit dem sich Bahar in die Herzen der Zuschauer gesungen hat. 
    2. “Even Heaven Cries”, eine Standard-R&B-Ballade, die im Formatradio nicht unangenehm auffallen wird.
    3. “Oh La la”, ein wenig glaubwürdiger Versuch, Fergie (von den Black Eyed Peas) nachzumachen.
    4. “No”, ein Versuch, die „drei Engel“ mit einem Beyonce/Destiny’s Child-Sound auszustatten
    5. “I’m Gonna Freak Ya” – um auf Douglas Adams zurückzugreifen: „größtenteils harmlos“
    6. “Love Don’t Come Easy” eine Ballade für Weihnachten, kuschel, kuschel, mit klimpernden Schneekristallen
    7. “2 of a Kind” (Ups, hier versagt die „Schnipsel-Methode“, die Hörprobe geht von Refrain zu Strophe über und da ändert sich so einiges, aber wir ordnen das hier mal bei „Disco“ ein.)
    8. “Your Love is Right Over Me” Klimper-Klavier-Ballade, nichts aufregendes.
    9. “Work It”, das ist wohl von den „No Angels“ liegen geblieben
    10. “Do That Dance”, das ist Christina Aguilera, aber bevor sie ihren eigenen Stil gefunden hat.
    11. “Live Life Get By” Geigen-Ballade, mit Opern-Schmelz im Hintergrund, vermeidbar.
    12. “Push Up On Me”, noch mehr R&B in Richtung Destiny’s Child

    So, ich würde ja fast wetten, dass ich im Internet keine viel ausführlichere Albumkritik finden werde, vor allem, wenn ich verhinderter Plattenkritiker hier noch ein Summa Summarum dazutexte:

    Insgesamt zeigt sich am Stilmix dieses Albums, dass die Macher hinter Monrose keine zwingende Idee haben, wo sie mit den Mädels hinwollen. Natürlich könnte man Monrose zu Destiny’s Child 2 machen, es ginge aber auch Sugababes oder was in der Tradition von Abba.

    Dankbar kann man für die Entscheidung sein, die Mädels englisch singen zu lassen. Bei der ganzen Deutsch-Pop-Inflation der letzten Zeit, bei der „Reim dich oder ich fress dich“ die Leitlinie der Songschreiber zu sein scheint, ist es entspannend, die Tiefe oder Flachheit eines Textes nicht ganz so genau mitzukriegen!

    Monrose wird seine Fans finden, ja hat sie durch die Popstars!-Show schon gefunden. Jetzt sollen die drei Mädels noch ihren eigenen Stil finden (dürfen), dann kann Monrose an den Erfolg der Angels anknüpfen!

  • „Wenigstens das Ohr-Ding war richtig gut.“

    Zeit für einen Ritt durch’s Netz zum gestrigen Popstars-Finale. Der Titel dieses Beitrags ist von Dramaking Olly, der sich das ganze nur angesehen hat, weil er von Missy (vermutlich Dame seines Herzens) die Sendung durch hinterm Ohr gekrault wurde.

    Über die endgültige Zusammensetzung der Band kann noch einige Zeit trefflich gestritten werden, schließlich hatte von den letzten Sechs jede genug Talent für eine Girl-Group.

    Einschub: Warum heißt es (diesmal?) eigentlich „Popstars-Band„? Das ist eine Girl-Group! Band ist, wenn noch Menschen mit Instrumenten um die/den Sänger/in herumstehen.

    Während also die Leistung der Kandidatinnen außer Frage steht, muss sich Pro 7 fragen lassen, welcher Teufel (oder finanzielle Notlage) sie geritten hat, Oli „P“ Petszokat zum Entertainer zu ernennen (siehe folgendes Zitat) und mit der Moderation des Finales zu beauftragen.

    Bereits am 23. November 2006 moderiert der 28-Jährige, den ProSieben in einer Pressemitteilung gleich zum „Entertainer“ berfördert, die Entscheidung bei «Popstars». […] Ein wenig Moderations-Erfahrung bringt Petszokat jedoch bereits mit: Bis vor wenigen Monaten moderierte er die tägliche Gameshow «5 gegen 5» bei RTL II. Zuvor präsentierte er gemeinsam mit Jochen Bendel die «Big Brother»-Show. 

    Quotenmeter

    Netter Tippfehler bei Quotenmeter: “zum „Entertainer“ berfördert”, wobei es sich wahrscheinlich um eine Kreuzung aus “befördert” und “überfordert” handelt.

    Das Popstars-Finale hatte das Zeug zur großen Abendshow und hat Pro 7 ordentlich Einschaltquote gebracht:

    Das Finale der Castingshow erreichte ab 20:15 Uhr im Durchschnitt nämlich 3,80 Millionen junge Menschen, ein Marktanteil von 29,9 Prozent wurde gemessen.

    Quotenmeter

    Eine solche sichere Bank einem Moderator zu überlassen, zu dem mir nur Vokabeln einfallen, die mit „un-“ anfangen (Kostprobe: unprofessional, uncharmant, unwitzig, unvorbereitet, uninteressiert), zeugt entweder von Mut oder von einer „Ist doch egal, die schauen das sowieso an, da können wir irgendwen als Moderator nehmen“-Haltung. Wie Herr Petszokat Familie und Freunde der Mädchen von der Bühne gescheucht hat, wird es hoffentlich in die Top 10 der peinlichsten Fernsehmomente des Jahres schaffen. Dass er die Leute nicht gleich vom Bühnenrand gestoßen hat, war ein reines Wunder.

    Vor allem mitzuerleben, wie sich Olli P. entlarvte, es nicht mal bei einem Moderator-Casting in die zweite Runde zu schaffen.

    Too POSH to PUSH: Mondeo

    …(und wer auf die dusslige Idee gekommen ist, Oli P. als Moderator für diese 3-Stunden-Sendung anzusetzen, bleibt ein Rätsel) …

    Ritters Sport

    Und Oli P. ist ein [beep]. Sagt der „Ihr werdet später sicherlich sowieso noch feiern, bei einem Glas Milch oder – Wildschweinschorle.“ Und das zu ca. 7 Muslimen, die auf der Bühne stehen, um Senna zu gratulieren. Hahaha, was für ein [beep].

    juls im mezzanine

    Und ich hatte gehofft, ich hätte mich verhört!

    Wer hat Oli P. eingeredet, dass er ein Moderator ist? Eine unsäglichere Moderation habe ich seit den ersten beiden DSDS-Staffeln nicht mehr gehört!

    finyard: Monrose – The next best superstar

    finyard weist auch auf die fragwürdige Auswahl einer der „Hymnen“ hin, der Musik-Einspieler für „Mädchen kommt eine Runde weiter“ oder „Armes Mädchen muss nach Hause gehen“:

    Haben sich die Popstars-Macher auch nur einmal den Text von „Next Best Superstar“ von Melanie C. angehört, den sie bei der Verkündung der Siegerin des Zuschauervotings als Sieges-Hymne eingespielt haben? Wahrscheinlich nicht, denn sonst wüssten sie, dass sich Melanie C. in diesem Song ausgesprochen kritisch mit Formaten wie „Popstars“ auseinandersetzt – und dabei kein positives Fazit zieht.

    finyard: Monrose – The next best superstar

    Vielleicht war ja der gleiche Mensch für Musik- und Moderatoren-Auswahl zuständig?

    Genug zum Moderatoren-Desaster. Nach dem „Germany’s Next Top Model“ und vor dem nächsten „Popstars“ führt Pro 7 einfach noch ein Moderatoren-Casting durch und der Sieger darf, statt auf die Vogue, das nächste Popstars-Finale moderieren. „Germany’s next Hans-Joachim Kulenkampff“ möchte ich als Titelvorschlag hiermit einreichen. 

    Für die jüngeren unter den Lesern, Hans-Joachim Kulenkampff war einer besten (wenn nicht gar der beste der) deutschen Fernsehmoderatoren.

    Und zum Schluss noch Verschwörungstheorie: Nachdem letzten Freitag schon die erste Single von Monrose bei Amazon aufgetaucht war, auf deren Cover Bahar, Kati und Mandy auszumachen waren (nachzulesen unter anderem bei der Netzeitung), witterten einige Schmu und Betrug. Unterstellt man einmal, dass diese Konstellation tatsächlich vorher festgelegt wurde, war der Plan nun aufgeflogen. Um die Glaubwürdigkeit zu wahren, durfte es gestern Abend auf keinen Fall zu der vorab veröffentlichten Konstellation kommen.

    Man kann also ohne weiteres der Meinung sein, dass Senna kurzfristig Kati ersetzte. Senna wäre dann als Erste nominiert worden, um sie als über jeden Zweifel erhabene Favoritin darzustellen. In der zweiten Runde wäre dann Kati geopfert worden. Und wenn Produzent Dieter Falk nicht ein exzellenter Schauspieler ist, war es zumindest für ihn tatsächlich ein Opfer. In der dritten Runde konnte man sich darauf verlassen, dass Mandy in der Zuschauergunst die farblosere Romina schlagen würde. Interessanterweise habe ich keine Prozentzahlen vom Ausgang des Televotings für Mandy oder Romina gehört.

    Bleibt nur noch, den drei Siegerinnen viel Erfolg zu wünschen. Nach den ganzen nervenaufreibenden Jury-Spielchen („Du bist raus, vielleicht, aber, doch nicht, oder?“), dürfte die Promotiontour für Single und Album ein Zuckerschlecken werden.

    Bei iTunes habe ich neulich in eine Live-Aufnahme von den Sugababes gehört, und: Mädels!, so gut wie die singt ihr allemal!

  • Laut-hals beklagte Talent-Verschwendung der Zimmer

    laut.de schreibt sich einiges an Frust von der Seele. Warum, warum nur, gibt sich Joana Zimmer mit ihrer tollen Stimme und ihrem Jazz-Hintergrund für „belanglosen Chartsmüll“ her?

    Wer zum Henker ist eigentlich dafür verantwortlich, dass ein Talent nach dem anderen auf dem kreativen Friedhof landet, nur weil irgendwelche Manager meinen, sie müssten international gültigen Standards nachhecheln, die zwar kurzfristig Erfolg versprechen, dafür aber ungefähr so aufregend sind wie ein Hundehaufen im englischen Regen? Nebenbei: Celine Dion hat fertig. Von dieser Frau kommt nichts mehr. Deshalb auch ihr Rückzug nach Las Vegas.

    Joana Zimmer: My Innermost (CD-Kritik)

    Nachdem aber laut.de in Joanas Biographie ihre Zielstrebigkeit hervorhebt, und wir einfach mal davon ausgehen, dass es eben nicht ihr Ziel ist, „belanglosen Chartsmüll“ zu machen, ist unsere Theorie, dass sie jetzt ein oder zwei „böse Musikindustrie“-konforme Alben macht, und vom eingenommenen Geld dann ihre richtige Musik finanziert. Unterdessen hören wir ihr halt bei ihren chartskonformen Singübungen zu. 

    Es gibt definitiv Schlechteres. Zum Beispiel der Schlumpf-Refrain von Akon’s „Lonely“.

    Übrigens, als ich „Ghetto Gospel“ von 2Pac das erste Mal hörte, dachte ich, „Nanu, singt da einer von der Kelly Family mit?“ — Aber nein, es ist Sir Elton John. Na, dann ist ja gut!

  • Scala: Schrei nach Liebe

    „Scala ist ein Jugendchor aus der belgischen Kleinstadt Aarschot, der von den Brüdern Steven und Stijn Kolacny dirigiert wird. Solche Chöre gibt es natürlich wie Sand am Meer, aber Scala haben sich auf dem Album „Dream On“ einer ganze Reihe von klassischen Pop- und Rocksongs angenommen und sie zu reiner Klavierbegleitung eingesungen.“ (sagt Viva)

    Als erste Single haben sie (in Deutschland) „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten herausgebracht. Und es klingt sehr gut! Vor allem, wenn man berücksichtigt, was sonst so aus Belgien kommt. Nein, im Ernst. Schon die Rock-Real-Schule der Ärzte hat gezeigt, dass Ärzte-Songs auch für den Chor-Einsatz geeignet sind.

    Ich behalte mir vor, eventuell noch von anderen Songs dieser Art begeistert zu sein! („Unter den insgesamt 21 Titeln (es gibt eine Bonus-CD) finden sich „Dream On“ und „Somebody“ von Depeche Mode, „With Or Without You“ von U2, „Exit Music“ und „Creep“ von Radiohead, „Under The Bridge“ von den Red Hot Chili Peppers, „Smells Like Teen Spirit“ von Nirvana, „Kein Zurück“ von Wolfsheim oder eben auch der „Schrei nach Liebe“ von Die Ärzte. Alles vorgetragen mit dezentem belgischen Akzent. – ebenfalls bei Viva, s.o.)

    (Veröffentlicht am 3. November 2004, und von Viva hat weder der Sender noch die Website überlebt.)

  • Natasha Bedingfield: Unwritten

    „These Words“ ist die zweite Single-Auskopplung, sie läuft gerade auf allen aktuellen Radiostationen und stellt die mehrfach (an-)getroffene Aussage „Natasha klingt wie eine Mischung aus Nelly Furtado und Pink“, besonders im etwas ausgeflippten Mittelteil unter Beweis. „These Words“ ist das erste Lied auf der LP, als zweites folgt die erste Single-Auskopplung „Single“, ebenfalls ein sehr schöner Pop-Song über ihren „current single status“, ihre „declaration of independence“.

    Schon die hier zitierten Ausschnitte zeigen, dass Miss Bedingfield nicht auf den gewöhnlichen Pop-Wortschatz beschränkt ist, wie er (mit gutem Beat unterlegt, keine Frage), derzeit von Nina Sky präsentiert wird. Zeilen wie „Can you feel the beat within my heart / Can’t you see my love shine through the dark“ wird man auf „Unwritten“ nicht finden. Statt dessen geht es mit dem rockigeren „I’m a Bomb“ weiter, in der Natasha wichtige Anweisungen gibt, was man mit ihr besser nicht macht. „There is no safety-switch“ – yes, indeed!

    Dann wird es mit dem Titel-Track „Unwritten“ wieder etwas ruhiger. Für alle Ally McBeal-Psychiaterin-Anhänger: „Unwritten“ eignet sich definitiv als Hymne: „No one else can feel it for you … no one else can speak the words on your lips“. Und da es als Hymne funktioniert, endet es im Gospel-Satz. Sehr schön und definitiv eine Bereicherung des hiesigen Radios, wenn als Single ausgekoppelt würde.

    „I bruise easily“ handelt von der Verletzlichkeit des Herzens, als Ballade sehr einfühlsam und definitiv als Weihnachts-Single geeignet. Oder auf die nächste Kuschelrock. (Ja, eigentlich kann jedes Lied auf dieser Platte als Single bestehen, „All Killer, No Filler“ hätte die Plattenfirma als Sticker auf das Cover kleben dürfen!)

    Mit „If You’re Gonna“ dreht Natasha die Lautstärke wieder auf! „I wanna go to the extreme, I wanna stretch my limousine“, „Live is music, play it louder!“, „If you’re gonna be singer, then you better be a rock star!“ dokumentiert Natashas Anspruch an sich und ihre Umwelt.

    Nebenbemerkung: Was haben Natasha Bedingfield und DJ Bobo gemeinsam? Die Verwendung des Worts „Chihuahua“ in einem Songtext.

    Als nächstes fühlte ich mich auf eine Robbie-Williams-Platte versetzt, der Song „Silent Movie“ ist eine Co-Produktion von Guy Chambers (der an neun von zehn Robbie-Hits zumindest mitgeschrieben hat) und Natasha Bedingfield, und ich kann ihn mir ohne weiteres von Robbie Williams gesungen vorstellen. Wobei das nicht heißt, dass Robbie ihn besser gesungen hätte! Natasha zeigt einmal mehr Top-10-Potential, das will ich damit sagen.

    Mit „We’re all Mad“ und „Frogs & Princes“ folgen zwei Tracks mit denen ich weniger anfangen kann. Text und Melodie sind tief und schön, es sind aber nicht die Mit-Singer und Mit-Wipper.

    „Drop me in the Middle“ ist eine Co-Production von Bizarre (of D12-Fame) und Natasha, wo sie zeigt, dass sie auch auf Rap-Beats singen kann – und Bizzare auf Englisch rappen! (Ah, nicht wirklich.) Der Song klingt nach Fun, hat aber den Natasha-üblichen Tiefgang im Text. Oder wo hört man sonst „Drop me in the middle, so I can make a ripple effect“?

    Das Album endet mit einem Tori-Amos-ähnlichen Song namens „Wild Horses“ und einem Demo-mäßigen hidden track: Natasha zur Gitarre mit der Zeile „I’m a non-conformist“ – und das ist gut so! Intelligenter Pop wie man ihn im Radio mit der Lupe suchen muss! Ich freu mich jetzt schon auf Natasha Bedingfields nächstes Werk!