Kate Bush: Before the Dawn

Kates erstes Live-Konzert seit … Damals!

Kate Bush hat 2014 eine Konzertreihe in London gegeben, und mir ist diese Sensation damals entgangen. Exkurs für Jüngere: Kate Bush macht seit den 1970ern Musik und hat ihren letzten Live-Auftritt vor vielleicht 30 Jahren gegeben. Sie lebt sehr zurückgezogen und bestimmt keinen Rock’n’Roll-Lebensstil.

Zum Glück nicht entgangen ist mir die 3fach-CD, die vor ein paar Tagen herausgekommen und seither nicht mehr aus meiner Playlist herausgekommen ist. Scherz beiseite, die Platte ist für jeden Menschen, der Kate nicht weiträumig umfährt, eine klare Kaufempfehlung.

Der Klang ist sehr gut und Kates Stimme klingt, wie man es von den späteren Platten gewohnt ist. Also nicht mehr „Wuthering Heights“-hoch.

Werkschau in drei Teilen

Die Titel sind von den Alben „Hounds of Love“ (1985), „The Sensual World“ (1989), „The Red Shoes“ (1993) und „Aerial“ (2005), und werden in drei Teilen dargeboten.

Der erste Teil ist eine Greatest Hits-Show, bei dem die Band mit kraftvoll mit „Lily“ startet und bei „King of the Mountain“ endet.

Der zweite Teil wurde theatralisch dargeboten, die Geschichte einer Seefahrenden, die zu Ertrinken droht. Er besteht musikalisch aus der zweiten Hälfte der „Hounds“-LP, „Dream of Sheep“ bis „Morning Fog“. Zum Teil wurde Kate in einem Wassertank schwimmend aufgenommen; Kate ringt um Authentizität in der Perfektion (oder umgekehrt).

Der dritte Teil ist die zweite CD von „Aerial“, „A Sky of Honey“, mit leicht geänderter Titelfolge und erweitert um eine Doppelpremiere: Der Song „Tawny Moon“ ist extra für die Show geschrieben und wird von Kates Sohn Albert (Bertie) McIntosh gesungen (der auch weitere Background-Gesangsparts hat).

Kurz mal Klammer auf: Es gab ja ein sehr gespaltenes Echo im Internet (aber worauf gibt es dort kein gespaltenes Echo?), als Peter Gabriel seine Tochter Melanie mit auf die Bühne nahm. Leute haben sich auch beschwert, dass sie keine Kinder und Nichten von Tori Amos auf einer Tori Amos-Platte hören wollen. Aber, hey, wenn der Schreiner sein Kind mit auf die Baustelle bringt, damit es was lernt, würdet ihr da meckern? Ich nicht. Schon gar nicht, wenn die Kinder ganz offensichtlich begabt sind und/oder tüchtig geübt haben. Klammer darf zu, Danke.

„Tawny Moon“ ragt für mich heraus, nicht nur weil ich mich mit Albert’s Stimme sehr wohl anfreunden kann. Sondern auch, weil der Song vom Songwriting aus der Serial-Phase herausfällt und ich ihm eher dem „loopigen“ „50 Words for Snow“ zuordnen würde.

Das Album endet mit zwei Zugaben: Mit „Among Angels“ schleicht sich der untypische Song von „50 Words“ ein, den Kate solo am Piano singt. Und „Cloudbusting“ wieder mit Band schließt dieses sehr gelungene Live-Work ab.

Die Band ist natürlich erstklassig. Wer Peter Gabriel kennt, wird in einigen Gitarrenklängen seinen Hofgitarristen David Rhodes heraushören. Der Background Chor hat einiges zu tun, die Begleitharmonien aus drei Jahrzehnten Bush zu liefern. Stellenweise hatte Kate ja mit einem bulgarischen Trio gearbeitet, und auch dies wurde vom Chor sauber reproduziert. Einmal mit Profis arbeiten, dieses Privileg sei Kate Bush gegönnt!

Wirklich rührend sind Kates Reaktionen auf den jubelnden Applaus des Publikums. (Sie ist wirklich keine Rampensau.)

Fazit

Wenn ihr Kate Bush aus den Augen verloren habt, ist das die Gelegenheit, an alte Faszination anzuknüpfen. Eine kraftvolle Werkschau einer schüchternen Ausnahmekünstlerin. Kaufen!

Wer jetzt einen Kritikpunkt sucht: Habe ich! Ich will das dringend auf DVD!


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