Kategorie: musik

  • through the wire

    Globales Künstlerkollektiv covert Peter Gabriel

    tl;dr: go buy it!
    through the wire (bandcamp)

    Es ist 12 Jahre her, dass Peter Gabriel seine Fans mit einem neuen Album beglückt hat, orchestralen Bearbeitungen von Songs anderer Leute, vulgo, ein Cover-Album. In der Zwischenzeit kamen eine Anzahl Singles, die sich mühelos an einer Hand abzählen lässt, Song-Collections und, naja, Re-Re-Re-Releases. (Irgendwas wie 47bit remastered und dann mit einer von der Mitte nach außen gravierenden Nadel in gepresstes Mars-Gestein geritztes So. Ich übertreibe geringfügig.)

    Aber egal, was der Meister macht oder eben nicht macht, seine Musik inspiriert weltweit Menschen und eben auch solche die selbst Musik machen. Und mehrere von diesen haben sich unter dem Projekt-Namen through the wire zusammengefunden, um Peter Gabriel-Songs neu einzuspielen.

    Ich schweife kurz ab, um zwei, drei Definitionen festzuklopfen, die mir für die Besprechung dieser Werke helfen sollen, bzw. euch nachvollziehbar machen sollen, was ich meine, wenn ich von creative covers spreche.

    Es gibt ca. drei Sorten Cover:

    1. unnötige (diese Definition trifft bitte jede:r selbst)
    2. werktreue
    3. kreative

    Unter einem werktreuen Cover verstehe ich, das jemand den Song so nachspielt, wie der Original-Künstler ihn gespielt hat, und so nachsingt (was Dinge wie Stimmfarbe und Phrasierung angeht), wie ihn der Original-Künstler gesungen hat. Auf der empfehlenswerten Compilation BBC Radio 2: Sounds of the 80s finden sich ein oder zwei solcher werktreuer Cover, z.B. Caro Emeralds Version von Walk Like an Egyptian oder Caravan of Love von Paul Heaton and Jacqui Abbott.

    Die kreativen Cover hingegen nehmen sich einen Song vor und stellen ihn in einen neuen Zusammenhang. Ändern die Stimmung, bürsten Rock auf Piano und Geige auf Industrial. Smells Like Teen Spirit, die Definition von Grunge, inspirierte schon mehrere Künstler:innen, hier einfach mal genannt:

    • Tori Amos macht daraus ein Klavierstück
    • Erdmöbel singen eine gute deutsche Übersetzung zum eigenen Bläsersatz. (Riecht wie Teen Spirit auf No.1 Hits, auch empfehlenswert: Fahler als nur fahl (im Original: A Whiter Shade of Pale))
    • Bei Robert Glasper Experiment wird es zum Jazz

    Auf dem schon erwähnten Sounds of the 80s (und seinem Part 2) finden sich erfreulich viele solcher kreativer Cover-Versionen, ich greife hier mal heraus:

    • Chrissie Hynde treibt ihrer Version von Everyday Is Like Sunday Morrisseys Lässigkeit aus, und das Dorf, das man zu bombardieren vergessen hat, wirkt gleich noch dröger.
    • Ward Thomas, die aus Michael Jackson’s Man in the Mirror einen Country-Song macht.
    • Kodaline reduziert die Geschwindigkeit von Michael Jackson’s Billie Jean erstmal auf die Hälfte, hat eine deutliche andere Intonation, klingt dem Thema angemessen verzweifelter.

    Peter Gabriel’s Scratch My Back ist natürlich creative covers pur, hier klingt alles deutlich anders als im Original.

    Natürlich gibt es einen fließenden Übergang zwischen werktreu und kreativ und es ist jeder Leserin überlassen, das alles für undurchdachten Unfug zu halten.

    Das alles vorausgeschickt kommen wir nun zu dem, was uns das internationale Künstler-Kollektiv an Interpretationen von Peter Gabriel Songs vorlegt:

    through the wire 1

    START

    Start ist der Auftakt von Peter Gabriel’s drittem Studio-Album. Aus den processed sax (elektronisch verzerrten Saxofons) werden hier processed violins und das macht es zum creative cover.

    I Don’t Remember

    Ebenfalls von peter gabriel 3, bleibt ziemlich dicht am Original, Prädikat: werktreu

    Down To Earth

    Im Original erschienen auf dem Wall-E-Soundtrack, lässt Gail Ann Dorsey (u.a. Bowie-Kollaborateurin, aber noch viel mehr) hier den Bass liegen und singt die Geschichte von der Zerstörung des Planten und die Rückkehr seiner menschlichen Bewohner aus dem extraplanetaren Exil. Die Musik machen die Brüder Pete und Tony Levin. Wobei Tony Levin seit dem ersten Album mit Peter Gabriel zusammengearbeitet hat.) Auf Grund der gänzlich anderen Stimmlage und Instrumentierung im Spektrum eher bei creative einzusortieren.

    Growing Up

    Von Peter Gabriel’s Up wieder eine sehr werktreue Annäherung an des Meisters Original.

    The Tower That Ate People

    Von Peter Gabriel’s Millenium Show/Album Ovo. Deutlich kreativ, indem Peter Gabriel’s am ehesten als Industrial einzusortierendes Werk hier von Tammy Scheffer ganz einfach auf a capella gedreht wird.

    But the more we are protected
    The more we're trapped within

    Grandios!

    Zaar

    Zaar erschien auf Passion (Soundtrack-Album zu Martin Scorseses Film „The Last Temptation of Christ“), eines der genre-definierenden Weltmusik-Alben. Und hier? Muss es gänzlich ohne Weltmusik auskommen. Wird quasi als Gegenbewegung zu The Tower… industrialisiert. Ein sehr atmosphärischer Track und ein gelungener Abschluss des ersten Teils, dem noch viele folgen dürfen.


    through the wire 2

    Big Time

    Das klingt deutlich anders als das Original von der Erfolgs-LP So, und ich gebe gerne zu, dass ich mich daran noch gewöhnen muss. Kreativ ist es allemal.

    Curtains

    Curtains ist ein Werk, das als Kleinod auf der B-Seite von Big Time zuerst veröffentlicht wurde und seitdem von Peter selbst immer mal wieder re-imagined wurde. Unter anderem war eine Version davon in der Adventure-Spiel-Reihe Myst zu hören.

    Hier nimmt sich die indonesische Professorin für Ethnomusikologie Nyak Ina Raseuki (Ubiet) dieses Schätzchens an, steigt mit einem (vermutlich) indonesischen Vers ein, wechselt dann zu fast-chinesischen Flötenklängen ins Englische, um den erweiterten Original-Text zu singen. Während der Song ruhig wie das Original dahinfließt, scheinen sich die Drums zwischenzeitlich auf Abwege zu begeben. Ubiet improvisiert auf indonesisch und am Ende findet alles wieder harmonisch zusammen. Der Song bleibt eine Wundertüte!

    Red Rain

    Ein werktreues Cover, etwas rockiger betont als das Original von So. Der Gitarrenteil in der Mitte klingt wie David Gilmore, ca. 1990.

    D.I.Y.

    Album 3 ist in den ersten beiden Lieferungen gut vertreten, so auch hier mit einem eher werktreuen D.I.Y.

    Lead a Normal Life

    Ebenfalls von peter gabriel 3, ebenfalls eher in der Kategorie werktreu, noch ein bisschen leiser als das Original.


    Ich freue mich auf die nächsten Lieferungen dieses Projekts. Wie immer gilt: Support Your Artists! Kauft euch die Teile auf bandcamp, wenn sie euch gefallen:

  • Insights in Lyrics

    Insights in Lyrics

    Sätze, Zeilen aus Liedern, die mir nachhängen. (Sammelbeitrag, wird fallweise ergänzt.)

    Whole Thing

    Sometimes I can’t remember

    Sometimes I can’t forget

    „Whole Thing“, erschienen auf „Big Blue Ball“

    Graceland

    And she said, „losing love

    Is like a window in your heart

    Everybody sees you’re blown apart

    Everybody sees the wind blow“

    „Graceland“, Paul Simon (YouTube)

    Fahler als nur fahl

    Wie im weggerauchten Skatspiel

    Manche Damen aussehen

    Wenn der Wind sie von der Halle

    Zurück in ihr Appartement weht

    „Fahler als nur fahl“ (YouTube) von Erdmöbel, eine fantastische Übertragung ins Deutsche des Klassikers A Whiter Shade of Pale

    Everybody Knows

    Everybody knows that you’ve been faithful

    Oh, give or take a night or two

    Everybody knows you’ve been discreet

    But there were so many people you just had to meet

    Without your clothes

    Everybody knows

    „Everybody Knows“ von Leonard Cohen, auch von seiner langjährigen Kollaboratorin Sharon Robinson (YouTube)
  • Janelle Monáe: The Memory Librarian

    Pile of Shame: Incoming

    Als ob ich nicht schon genügend Bücher neben dem Bett liegen hätte, die verzweifelt verstaubt darauf warten, gelesen zu werden, bringen Die Leute© ständig neue interessante Sachen heraus. Daher demnächst auf einem Pile of Shame® in meiner Nähe.

    In the collection of stories, Monáe and the other writers build on the album’s „Afrofuturistic world“ by „exploring how different threads of liberation — queerness, race, gender plurality, and love — become tangled with future possibilities of memory and time in such a totalitarian landscape…and what the costs might be when trying to unravel and weave them into freedoms,“ according to the press release.

    Janelle Monáe Pens Collection of Short Stories Based on ‚Afrofuturistic World‘ of Dirty Computer

    Janelle Monáe macht aufregend schöne, moderne Musik, zuletzt auf einem LongPlayer namens Dirty Computer, unter anderem mit den Zeilen:

    Everything is sex

    Except sex, which is power

    You know power is just sex

    Now ask yourself who’s screwing you

    „Screwed“ by Janelle Monáe on Youtube, Lyrics in der Beschreibung

    Ach so, ja, Schauspielerin ist sie auch, und nun auch noch Autorin. More power to you, Janelle!

    Veröffentlichung am 19. April 2022.

  • Frische Musik: Joy Bogat

    Heute mit “It’s Different Now” von Joy Bogat. Ganz feiner R&B mit einer frischen Stimme. Zum Rein-/Ankuscheln.

    Darauf vereint die in Hannover lebende Musikerin NeoSoul, Alternative-RnB, HipHop und IndiePop zu einem warmen, groovenden Sound, getragen von ihrer außergewöhnlichen Stimme.

    https://joybogatmusic.com

    Natürlich auf Bandcamp gekauft, damit unsere Artists was zu futtern haben:

  • Frische Musik

    Frische Musik

    Eine gute Woche, was frische Musik angeht: Es gibt altes Material von Radiohead und neue Alben von Tori Amos und Joan As Police Woman.

    Um Kid Amnesiac wird ja allerorts genug Wirbel gemacht, daher hier zu Tori Amos, die mit Ocean to Ocean ein Album herausgebracht hat, das ich von Instrumentierung und Entspanntheit des Songwritings in eine Reihe mit Scarlet’s Walk und The Beekeeper stellen möchte. Als meine Lieblings-Songs haben sich recht schnell etabliert:

    • Spies („Knowing this may help you make, make it through the night on lullabies“)
    • Metal Water Wood (Was auch von einem 1980er Kate Bush-Album durch die Zeit in Toris Hände gefallen sein könnte.)
    • 29 Years („On her weapon my fingerprints“)

    [T]he wonderfully eccentric Spies – with its locomotive bass and drums and its mentions of aardvarks – is an account of the bats and other creepy-crawlies that entered the Cornish house at night during the July heatwave and terrorised her daughter, asleep in the sitting room.

    […]

    It is no coincidence that the songs which emerged from the darkest places are the ones that sound most like Amos’s earliest material. The exquisite plea of “take my shattered dreams” in “Metal Water Wood” recalls the most moving moments of “Jackie’s Strength”.

    ToriAmos.com: Story

    Plus, ein Interview über den Entstehungsprozess des Albums und Tour-Pläne: Tori Amos on her new album Ocean to Ocean (SuperDeluxeEdition)

    Und dann ist da The Solution Is Restless von Joan As Police Woman mit Tony Allen und Dave Okumu, ein ganz fantastischer Jam!

    Joan und Tony Allen spielten zusammen mit Dave Okumu in einem Pariser Studio 2019 das Material ein, das Joan dann während des Lockdowns in Songs umarbeitete und mit ihren Lyrics ergänzte. Ein wundervolles Album, ob zum einfach laufen lassen, oder zum dazu bewegen oder darüber nachdenken oder …

    Bitte Künstlerinnen unterstützen und auf Bandcamp kaufen 🙂

  • Nick Cave beantwortet Fan-Post

    Nick Cave beantwortet Fan-Post

    Entschuldigung, bitte, wo gibt es sowas denn noch? Nick Cave, von Nick Cave and the Bad Seeds &c. beantwortet auf seiner Website Fragen von seinen Fans. Und wie nett er das macht. Respect!

    Hier zum Umgang mit Trauer:

    Eventually, your aunt will come back to you. It may be soon, or it may take some time. This feat will be achieved through astonishing courage and will most likely be tentative and gradual. She will look around to see who is there. Some may have drifted away, the reach of their compassion unable to match the magnitude of your aunt’s despair, but let me just say this—those who persisted, she will never forget, for to remain steadfast on the borders of another’s grief may be the greatest, most holy act of love one can perform. Be patient with Aunt Marnie.

    I’m writing to you on behalf of my Aunt Marnie as she can’t. She’s consumed by grief.

    Manchmal sind auch die Fans die Poeten:

    I now have two young sons Max and Joey. They enjoy listening to your music, they dance around the living room. Joey is an emotional lightning rod who feels the world more intensely than anyone I have ever met. Little Max cannot speak yet, but he sings, and when he smiles you can see clear through into his soul. One day when they are old enough to really understand, I will tell them that you came from here. I will tell them that they can aspire to be more than a person from a place, and maybe they will not end up like their father.

    Dear Mr Cave, Do you ever suffer from self-doubt?

  • Thom Yorke Duetts und Radiohead Music Theory

    Natürlich Jahre zu spät zur Party, sein 50ster war 2018, hier eine schöne Zusammenstellung von Duetten verschiedener Künstler mit Thom Yorke. z.B. über ein Duett mit P.J.Harvey:

    Nach einem Jahrzehnt voller dreckiger und düsterer Alben wollte Polly Jean Harvey im Jahr 2000 ein Album voller Schönheit schreiben. (…) „This Mess We‘re In“ wirkt wie ein Update auf alte Duette à la Nancy Sinatra und Lee Hazlewood, nur mit getauschten Gendern: Yorke singt die hohen Parts mit schwereloser Grazie, während Harvey die Tiefen erdet. Gemeinsam umgarnen sie sich wie zwei zum Scheitern verurteilte Liebende, fernab von Geschlechtergrenzen, Raum und Zeit.

    Thom Yorke wird 50: seine sechs besten Gastauftritte

    Tolle, quasi-musikwissenschaftliche Auseinandersetzungen mit einigen Radiohead-Songs-Werken:

  • BitTorrent – es kommt darauf an, was man daraus macht!

    (Erstveröffentlicht am 26.05.2005, durch Streaming ist der Aufhänger zwischenzeitlich ein wenig aus der Mode. Leider nicht aus der Mode ist – siehe Nachbemerkung – die Verlagerung der Verbrechensbekämpfung ins weite Vorfeld. Ich sage nur „potentieller Gefährder“ – potentiell sind wir alle gefährlich!)

    Oder auch: Für die einen ist es ein Distributionskanal, für die anderen die größte Bedrohung seit 9/11.

    U.S. Jacks Torrent Site

    … what the government is calling the first criminal law enforcement action against BitTorrent users. […] The raids came less than a week after the Motion Picture Association of America publicly slammed BitTorrent for accelerating the spread of a pirated copy of Revenge of the Sith.

    Prix Ars Electronica: Sonderpreis für BitTorrent

    … Das „genial einfache Prinzip“ der Superdistribution von BitTorrent würde „Künstlern auf gemeinschaftliche Art und Weise helfen, ihre Arbeit auch weiterhin im Sinne der ‚free software‘-Idee zur Verfügung stellen zu können“.

    What is BitTorrent?

    BitTorrent is a free speech tool.

    BitTorrent gives you the same freedom to publish previously enjoyed by only a select few with special equipment and lots of money. („Freedom of the press is limited to those who own one“ — journalist A.J. Liebling.)

    What is BitTorrent? (Text von damals®, Mai 2005)

    Worum es geht? Um die Freiheit, Profite zu machen (StarWars, Film- & Musikindustrie), um die Freiheit (lies: technische Möglichkeit) Kunstwerke zu verteilen (Ars Electronica), um die Freiheit (lies: ethische Möglichkeit), mit dem persönlichen Computer Dinge zu tun, die einem persönlich gefallen – auch widerrechtliche.

    Die Film- & Musikindustrie ist im Augenblick der Meinung, widerrechtliches schon in den Ansätzen bekämpfen zu dürfen. Eine Art „Minority Report“ PreCrimeUnit. „Er hat ans Raubkopieren gedacht – sofort verhaften!“

    Auch Windows Longhorn wird wahrscheinlich mit einer PreCrime-Funktion ausgestattet sein, die es ein für alle mal verhindert, dass der Benutzer etwas verbotenes tut

    Das aber selbstverständlich nur, bis findige Leute entweder den einen Fehler in der Software-Schicht namens NGSCB (Next Generation Secure Computing Base) entdecken. Oder der Markt (das sind im Zweifel Sie, verehrter Leser!) einfach kein Longhorn kaufen, sondern bei Windows XP oder gar Windows 2000 bleiben. Oder mal Linux installieren. Oder sich einen Mac kaufen (wobei man sich beim Film-affinen Steven Jobs nicht sicher sein kann, dass er uns auch einen Kopierschutz auf’s Auge drückt).

    Leider greift dieses PreCrime-Gehabe immer weiter um sich. Die Umkehr der Beweislast steht kurz bevor. „Beweisen Sie uns, dass Sie

    • nicht zu schnell gefahren sind
    • nicht die Lyrics ihrer Lieblings-CD auswendig gelernt haben(Verstoß gegen das Urheberrecht, wenn Sie den Song ohne Lizenz von der Gema unter der Dusche singen!)
    • nicht zum Randalieren auf die WM wollen (Vorbeuge-Gewahrsam gegen bekannte Fußball-Rowdies.)
    • nicht geklaut haben (Sie heben doch sicher von allem die Rechnung auf, oder?)
    • nicht den X umgebracht haben“ (Wir haben da Gene am Tatort gefunden, die den Ihren verdammt ähnlich sehen!)

    Das werden lustige Zeiten!

    Update 2021: Der Trend zur Verlagerung der Strafbarkeit ins Vorfeld ist leider seit 2005 ungebrochen. Nicht nur in Sachen Software-/Film-/Musik-Piraterie, sondern in eigentlich allen Grundrechts-relevanten Bereichen.

    Beispielsweise diskutiert im lawblog:

    Das grundsätzliche Problem ist hier die extreme Vorverlagerung der Strafbarkeit. Strafbar ist quasi schon die Vorbereitung der Vorbereitung. Deshalb steht der § 89aStGB auch auch bei Kritikern im Geruch der Verfassungswidrigkeit. Der Bundesgerichtshof sieht dies jedoch – zumindest bislang – anders.

    Vorbereitung der Vorbereitung (lawblog.de, André Bohn)
  • Kurz-Kritik: Apple HomePod mini

    Q: Warum „Kurz“?

    A: Weil Gscheitere schon gscheiteres dazu geschrieben haben. Weil ich sie erst kurz im Einsatz habe. Weil ich noch nicht ansatzweise alles ausprobiert habe.

    Q: Und was für „Kritik“?

    A: Öhm, keine? Ich habe mir ein Stereopaar angeschafft, die jetzt rechts und links hinten auf dem Bürotisch stehen und mit diesem durch den Raum fluktuieren. (Ja, ich schieb den mal so, mal so.)

    Ich habe im Büro einen Sonos Play:1, der kommt aber eben aus einer Richtung, meistens von rechts, und das stört mich bei längerem Hören. Mit den HomePods sitze ich immer direkt in der Mitte der Stereo-Basis und kriege sehr gut die Enge oder Weite eines Mixes mit.

    Der Play:1 darf damit weiterziehen, denn auch klanglich bin ich mit den minis sehr zufrieden. Meine Frau beschrieb den Klang als samtig, und dem kann ich beipflichten. Sind Ohrschmeichler, die Kleinen.

    Q: Ist das das Ende von Sonos?

    A: Glaub ich noch nicht. Im Büro ja. Aber für „Party-Modus“ (gleicher Song im ganzen Haus) oder einen Song (zusammen mit dem Aufwachenden) von Bett an Bad weitergeben, braucht’s weiterhin einen Sonos. Ich brauche keinen Assistenten in den Wohnräumen, daher sind mir die Play:1 da ganz recht. Der Büro-Sonos darf jetzt entweder einen der anderen zu einem Stereopaar ausbauen oder ins Kinderzimmer, dann in ein eigenes Netz, damit Juniors Musikgeschmack in seinem Zimmer bleibt 🙂

  • bandcamp, yeah

    Damit Deine Künstler*innen was zu beißen haben.

    Neulich bin ich über einen Tweet gestolpert, wo eine Musikerin mal gesagt hat, was sie über Spotify mit ihrer Musik verdient. Nicht viel.

    Die Menschen von basic thinking haben mal recherchiert, was die großen Musik-Streaming-Angebote so an ihre Künstler*innen auszahlen. Ist eigentlich nicht weiter erwähnenswert, so 0,00348 US-Dollar pro Stream bei Spotify. Wenn man jetzt nicht The Beatles heißt, oder wie auch immer erfolgreiche Bands heutzutage heißen, wird man davon eher nicht satt, zumindest nicht jeden Tag.

    Abhilfe ist, bei den Artists direkt zu kaufen, wie damals™ bei den Radioheads, als sie In Rainbows als „Zahl was Du willst“-Download ins Internet gestellt hatten. Das kann natürlich nicht jede*r Musiker*in aus dem Boden stampfen, aber dafür gibt es ja bandcamp. Und seit ich dort angefangen habe mich umzuschauen, finde ich erstaunlich viele von „meinen“ Künstler*innen dort wieder. Grund genug, ein paar Alben zu kaufen, so wie damals™, hach!

    Aus meinem Einkaufswagen:

  • „Biko“ Around The World

    Ein Song von leider zeitloser Aktualität, Peter Gabriel’s Biko. Diesmal zusammen mit vielen Musikern weltweit neu aufgenommen. Ein Teil von „Peace Through Music“

    Inspired by the death of anti-apartheid activist Steve Biko while in police custody, this song’s relevance still holds true with the unfortunate police brutality that continues to take place in the USA, Nigeria and many places around the world.

    Peace Through Music Website
  • 3,4, Musik

    Andere, denen ich 2020 gerne zugehört habe:

    Gizelle Smith & The Mighty Mocambos

    Amy Winehouse und so gehen okay? Dann vielleicht mal da reinhören. Vertreibt bei mir zuverlässig schlechte Laune. Vor allem mit Gizelle Smith, aber auch ohne spielen die Mocambos herrlichen AfroBeatFunk…

    Joan As Police Woman

    Lieblings-Songs von Joan As Police Woman neben Holy City sind Tell Me (Zen: „What do you want / What do you need“), Valid Jagger (sehr sparsam möblierter Klangraum, in den dann zum Ende eine Orgel geschoben wird) und The Magic.

    Janelle Monáe

    Mit offizieller Empfehlung von William Gibson, slappy bass, beasty brass, tighty texts (was ich eigentlich sagen wollte: Oh ja, gut!!!)

    Morcheeba

    Morcheeba haben so einen entspannten Sound, mit einer Sängerin, der ich gerne zuhöre, dass es eine der wenigern Bands ist, die ich zu konzentrierter Arbeit hören kann. Entweder das Album Big Calm oder die Apple Essentials Playlist, wenn ich nicht weiter darüber nachdenken will.

    Portugal. The Man

    Kennengelernt über’s Radio, schätzen gelernt über die Apple Music Essentials Playlist. Auf der schließt sich an People Say so nahtlos So Young an, dass ich glauben möchte, dass da ein menschlicher DJ am Werk war.

    Überhaupt, People Say, hat krassen Text.

    All the soldiers say
    „It’ll be alright,
    We may make it through the war
    If we make it through the night.“
    All the people, they say:
    „What a lovely day, yeah, we won the war.
    May have lost a million men, but we’ve got a million more.“
    All the people, they say.

    People Say Lyrics

    Bruce Springsteen: Letter To You

    Bruce war mir bisher „zu laut“, bis auf den einen Song da, von dem Philadelphia Soundtrack (neh, nicht der Käse, der Film mit Tom Hanks über AIDS!). Und dann strömen mir im Herbst auf allen Websites, die ich so lese, Empfehlungen entgegen, auf Apple TV „Letter To You“ anzuschauen.

    Bruce Springsteen und die E-Street-Band bei der Arbeit am Album im verschneiten New Jersey, gefilmt in Schwarz-Weiß, die Band bei den Aufnahmen, Erinnerungen von Bruce, und wenn das Lied im Kasten ist, gibt’s einen Schnaps. Vielleicht sind der Boss und ich nun alt genug füreinander …

  • Sponsoring

    Eine Monetarisierung findet nicht statt, habe ich mal geschrieben, erstens, weil das hier zu selten (und dann stoßweise, wer tut so was?!) erscheint, zweitens, weil ich keine Lust habe, die zwei, drei Leute, die hier zufällig vorbeischauen, gleich an den nächsten Internet-Riesen zu verraten und verkaufen.

    Andere Leute leben davon, dass sie schöne⇿schreckliche Dinge finden & forschen und ins Internet schreiben. Cartoons malen. Musik machen. Sie brauchten und brauchen unsere Unterstützung, damit sie nicht ihre Kunst aufgeben und sich eine (buuh!) Anständige Arbeit™ suchen müssen. Daher hier kurz, wen ich letztes Jahr so unterstützt habe (alles Kleinvieh, macht aber hoffentlich über alle doch Mist):

    • $5 / month an The Online Photographer (Mike Johnston), meine Lieblings-Website über alles, was mit Photographie⇿Fotografie zu tun hat. (Patreon)
    • $5 / month an Zach Morrison für seine geisterhafte graphic novel Paranatural (Patreon)
    • $1 / month an Tatsuya Ishida für seine woke Comic-Serie Sinfest (Patreon)
    • $2 / month an Nadja Hermann für ihre notwendigen Debattenbeiträge getarnt als „hässliche, linksgrünversiffte Paint-Comics“ auf Twitter unter @erzahlmirnix (Patreon)
    • €36 / Jahr 1. für den Ehrentitel Lemming und 2. für Joscha Sauer, der erfreulicherweise wieder frische nichtlustig Comics macht. (steadyhq)

    Daneben noch einmalige Spenden an

    • Internet Archive, weil wir ohne Archive halbblind durch die Gegend laufen surfen.
    • Samara Ginsberg, die mit ihren Cello-Arrangements von Film- und Serien-Titelmelodien das dumme Corona-Jahr entscheidend erträglicher gemacht hat. (Twitter, Youtube siehe unten) (Ko-Fi)
    • George Nachman für den schönen und funktionsreichen macOS Terminal-Ersatz iTerm2 (Donate)
    • … und ein paar Euro/Dollar an den/die Entwickler:innen, wann immer ich beim Einsatz eines freien Tools daran dachte, wie viel leichter es mein Leben/meine Arbeit macht.
    Sehet, welchen Kult Samara Ginsberg aus 80er Trash-Serien macht!
  • 1, 2, Musik

    Rena Mushonga: In A Galaxy

    Eine Entdeckung, die ich dem DeutschlandRadio Kultur zu verdanken habe, die spielten Narcisc0 vom Album In A Galaxy. Und dann habe ich mir, Streaming Diensten sei Dank, das ganze Album angehört. Davon gefällt mir eine ganze Menge. Die Songs sind eher laid-back, ihre Melodien und ihre Stimme sind toll, und Narcisc0 …

    Nun, Narcisc0 könnte in seiner Rohform in den Studiokellern von Phil Collins, Peter Gabriel oder einem der anderen 80er-Feinmusiker liegen. Um es mit David Byrne zu sagen:

    This groove is out of fashion
    These beats are 20 years old

    David Byrne, Strange Overtones

    … und trotzdem/deswegen gefällt mir der Song immer noch von allen am besten.

    P.S.: Und während ich diesen Artikel schreibe, sehe ich, dass Rina Mushonga zusammen mit Faultline ein Cover des Genesis-Songs Follow You, Follow Me gemacht hat. So ein Zufall 🙂

    P.P.S.: Von dem Song Strange Overtones gibt es neben dem Original

    eine Bläser-gestützte Live-Version mit St. Vincent (Love That Giant)

    und inzwischen ein brauchbares Cover von Whitney.

    Mh, ja, diesen Artikel haben irgendwie die post scripta übernommen.

    Dua Lipa: Tiny Desk (Home) Concert

    „this is the best thing that has every taken place inside of a papaya“, youtube commenter by Katie Cooke

    Ich kannte Dua Lipa nur über einen Umweg, mein Sohn war irgendwann über tiktok auf „Did a full 180“ gelooped. (Der Song heißt Don’t Start Now und ist in diesem netten kleinen Konzert der letzte.) Okay, dachte ich, halt so ’ne Dance-Nummer, wie sie schwedische Produzenten zu tausenden ausspucken. Aber wenn ich mir dieses Konert so anschaue, sehe ich da (genug) musikalische Substanz und eine gewisse Eigenständigkeit der Künstlerin, um mein Urteil zu revidieren.

    Levitating und Love Again gehören auch als Album-Versionen (Future Nostalgia) zu meinen Songs des Jahres 2020.

    Bonus Props for playing the drum track from a cassette player, millenials take note 🙂

    Weitere Tiny Desks

    Alicia Keys

    Alicia Keys needs no introduction. Und wer wie ich die Stadion-füllende, Linda Perry-Songs schmetternde Alicia nicht so sehr mag, die „frühe“ (wie albern bei einer noch nicht mal 40jährigen Künstlerin) Intimität von Songs in A Minor aber sehr, wird sich gerne zu ihrer Crew an den Tiny Desk setzen.

    Sudan Archives

    Eher ungewöhnlich ist eine Lead-Sängerin mit Violine, aber Sudan Archives bekommt das hin. Macht Lust auf mehr.

    NPR (National Public Radio) ist das ähnlichste, was die USA zu einem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk haben, und eine der Institutionen, die Donald Trump noch nicht komplett kaputt gemacht hat. Er arbeitet daran, aber hoffen wir, dass es ihm in den letzten Tag seiner „Amts“-Zeit nicht gelingt.

  • Tabs of Yesteryear

    Brian Eno, Top-Produzent von Musik für Flughäfen und Aufzüge1, hat ein Kästchen mit Kärtchen. Auf jedem Kärtchen ein Ratschlag, um aus einem kreativen Loch, einer Uninspiriertheit herauszufinden. Hat erstmal nichts mit Musik zu tun, ist einen Blick wert, wenn man feststeckt. Digital unter Oblique Strategie, mit so zufällig ausgespielten Perlen wie:

    • Take away the elements in order of apparent non-importance
    • You don’t have to be ashamed of using your own ideas
    • State the problem in words as clearly as possible
    • u.v.a.m.

    1 Okay, außerdem auch noch von U2, David Bowie, Talking Heads, … f*ck! there’s an own Wikipedia category for this!

    Die Configuration Complexity Clock fasst ein (vielleicht/vermutlich) nur für Programmierer nachvollziehbares Vorgehen zusammen: Eine gewisse Abneigung gegen einfache Lösungen verbunden mit dem Wunsch „es richtig zu machen“ (im Gegensatz zu „das Richtige, vom Kunden bezahlte“ zu machen). Man beginnt damit, dass ein Programm eine gewisse Konfiguration benötigt, im Beispiel einen änderbaren Umsatzsteuer-Satz. Dazu braucht man eine Konfigurationsdatei und das könnte das Ende vom Lied sein.

    Tatsächlich endet es aber öfter als einem lieb ist damit, dass die Konfiguration zu einem Programm in einer selbst-erfundenen Sprache ausartet. Und da es nun ein Programm ist, braucht es bestimmt die ein oder andere Einstellung in einer Konfigurationsdatei. Die Complexity-Clock schlägt Zwölf, das Spiel beginnt von neuem. Details im verlinkten Artikel.

    Two Hard Things in Computer Science ist eine Sammlung von Martin Fowler, die ein paar meiner Lieblingsweisheiten zur IT enthält, darunter diese hier:

    Kris Köhntopp in einem Twitter-Thread über den Alltag von uns Software-Entwickler:innen:

    There are always existing systems that do not fit exactly, but which you are dependent on.

    There is always an existing system your code has to fit into.

    Hi, I am Kris. I have been working with computers since I am 14 years old, and I am over 50 now.

    Die meisten von uns arbeiten nicht an Betriebssystemen und Compilern. Sondern an dem System, mit dem die Firma seit 15 Jahren ihr Geld verdient und an dem schon fünfzig Leute vor uns gearbeitet haben. Nix Drei-Wünsche-Fee. Software-Archäologie.